Thüringer Gefangene fordern Abschaffung des Freiheitsentzugs für Geldstrafen und Schulden

Vier Thüringer Gefangene aus verschiedenen JVAs haben der Soligruppe Jena im Februar folgenden Text zukommen lassen:

Petition zur Abschaffung des Freiheitsentzugs wegen Geldstrafe, Schulden, vertragliche Verpflichtungen nicht einhalten Können

Folgende Persone sitzen oder saßen in Haft wegen obigem:

Uwe R.

Peter F.

Jörg M.

Hugo T.“

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70 Jahre Grundgesetz – 70 Jahre Zwangsarbeit für Gefangene

Für die ersatzlose Streichung von Art. 12 Abs 3 GG!

Am 23. Mai 1949, also heute vor 70 Jahren, trat in den westlichen Besatzungszonen das Grundgesetz in Kraft. Dieses ist anlässlich des runden Jahrestags nun in aller Munde. Wir möchten an dieser Stelle einen kurzen Beitrag aus gefangenen-gewerkschaftlicher Perspektive einbringen.

Das Grundgesetz wird in den Kommentaren dafür gewürdigt, dass es einen grundsätzlichen Bruch mit dem nationalsozialistischen Regime darstelle. Das mag in zahlreichen Bereichen stimmen (z.B. in Bezug auf die Grundrechte Art. 1-19, die Stärkung des parlamentarischen Prinzips), aber in Bezug auf die Gefangenenarbeit, befindet es sich in Kontinuität zu allen vorhergehenden Regimen. So heißt es noch im Abschnitt der Grundrechte in § 12 Abs. 3 GG: „Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.“. Auf Grundlage dieser Bestimmung wurde die Zwangsarbeit – nun unter dem schöneren Begriff „Arbeitspflicht“ in § 41 – in das Strafvollzugsgesetz von 1977 übernommen. Mit der Föderalismusreform von 2006 wurde der Strafvollzug Ländersache und die Bundesländer machten ihre eigene Gesetze. Nur vier Bundesländer haben seitdem die Zwangsarbeit für Gefangene abgeschafft; in den restlichen zwölf besteht sie weiter.

Gerade nach der Erfahrung des Nationalsozialismus hätte die Zwangsarbeit für Gefangene abgeschafft werden müssen. Noch bevor der NS-Staat nämlich sein umfassendes Lagernetzwerk aufbaute und dann während des Kriegs Millionen von Zwangsarbeiter*innen nach Deutschland brachte oder verschleppte, hatte er unmittelbar nach 1933 das Gefängniswesen aufgebläht und Arbeitslager für Gefangene eingerichtet. Doch die Kontinuität des Gefängnisses als moderner staatlicher Institution und der Ausbeutung der inhaftierten Arbeitskraft scheint über alle Regime hinweg zu bestehen.¹

Mit dieser Kontitnuität muss endlich gebrochen werden: Lasst uns 70 Jahre Grundgesetz zum Anlass nehmen und die ersatzlose Streichung von Art. 12 Abs. 3 GG fordern!

Jena, 23. Mai 2019

Fußnote 1: Das zeigt auch das Beispiel der DDR. In Art. 137 der Verfassung der DDR von 1949 heißt es – im Vergleich zum Grundgesetz, das die Zwangsarbeit wenigstens offen und ehrlich benannte, – geradezu euphemistisch: „Der Strafvollzug beruht auf dem Gedanken der Erziehung der Besserungsfähigen durch gemeinsame produktive Arbeit.“ In der Realität bedeutete das nichts anderes als Zwangsarbeit für die Gefangenen des sozialistischen Staats.

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28.5. in Jena: Kritische Veranstaltung zu Gefängnismedizin

Das Medinetz Jena organsiert für den 28. Mai, von 18 bis 20 Uhr, eine Veranstaltung mit einem Gefängnisarzt, in der sich – zumindest der Ankündigung nach – kritisch mit der medizinischen Versorgungssituation in deutschen Gefängnissen auseinandergesetzt wird. Wir von der GG/BO-Soligruppe Jena freuen uns über die Initiative, werden auch selbst vor Ort sein und rufen alle interessierten Menschen dazu auf, ebenfalls zu kommen.

Gefängnismedizin

28. Mai 2019 | 18:00 | Hörsaal 7 am Campus der Uni Jena

In deutschen Gefängnissen leben ca. 52.000 Menschen. Obwohl Inhaftierte im Schnitt jünger als die Normalbevölkerung sind, sind sie dennoch auch kränker. Infektionskrankheiten wie HIV, Hepatitis und Tuberkulose spielen eine große Rolle. Daneben werden Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, arterielle Hypertonie und chronische Wunden oft verschleppt und unterbehandelt. Gleichzeitig gibt es in Deutschland jedoch nur wenige Gruppen, die sich für die Rechte von Inhaftierten stark machen. Es gibt Besonderheiten wie eine eingeschränkte Arztwahl/Ärztinwahl und eine andere Abrechnung als in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Zusammen mit einem erfahrenen Gefängnismediziner wollen wir herausfinden, wie man sich diesen besonderen Patient*innen nähert, wie man ihre Rechte stärken und ihre medizinische Versorgung verbessern kann.

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Es nimmt kein Ende: Noch eine Zellenrazzia bei Chemnitzer GG/BO-lerin Sandra

Uns wurde mitgeteilt, dass die Zelle der engagierten Gefangenen und Gefangenen-Gewerkschafterin Sandra aus der JVA Chemnitz, gestern, am 16. Mai, während sie bei einem Gerichtstermin war, wieder durchsucht wurde. Der Hintergrund der Zellendurchsuchung ist noch unklar.

Die Aktion reiht sich ein in eine ganze Serie von Razzien: eine Razzia im September 2018, eine im Oktober 2018, zwei im November 2018, drei Razzien im April 2019 ¹ ². Insgesamt handelt es sich also um die achte Zellenrazzia bei Sandra seit letztem Herbst.

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Solidaritätsveranstaltung für politische Gefangene in Italien und Russland am 17. Mai in Jena

Eine anarchistische Initiative aus Jena lädt für den 17. Mai 2019 ab 19 Uhr ins FAU-Gewerkschaftslokal “Milly Witkop” in der Bachstr. 22 in Jena zu einer Solidaritätsveranstaltung für politische Gefangene in Italien und Russland ein. Wir begrüßen die Initiative und rufen alle dazu auf, an der Veranstaltung teilzunehmen.


Lange Nacht der Solidarität

Solidarität mit den verfolgten Antifaschist*innen und Anarchist*innen in Russland und Italien

17.5. | 19:00 | FAU-Gewerkschaftslokal „Milly Witkop“ in der Bachstr. 22 in 07743 Jena

Mit der Regierungsübernahme faschistischer und autoritärer Parteien und dem damit einhergehenden autoritären Umbau der staatlichen Strukturen nimmt auch die Repression gegen Opposition und politische Gegner zu. Zwei der größeren staatlichen Repressionsschläge gegen die antifaschistische und die anarchistische Bewegung fanden in den letzten zwei Jahren in Russland und Italien statt.

Seit Herbst 2017 wurden elf Anarchisten und Antifaschisten in Russland aufgrund von Terrorismusanschuldigungen festgenommen und vom Geheimdienst FSB gefoltert. Sie befinden sich bis heute in Haft. Auch in Italien gab es seit 2016 mehrere Festnahmewellen, zuletzt im Februar 2019 in Norditalien und auch in diesem Fall unter dem Vorwurf des Terrorismus.

Wir wollen einen kleinen Beitrag zur Unterstützung der Verfolgten leisten. In unserer „Langen Nacht der Solidarität“ werden wir:

  • über die beiden Fälle informieren,
  • Postkarten und Briefe an die Gefangenen und die Botschaften schreiben,
  • Spenden für die Unterstützungskampagnen sammeln und
  • gemeinsam essen und trinken.

Kommt alle vorbei, lasst uns ins Gespräch kommen und gemeinsam etwas für die verfolgten Aktivist*innen in Russland und Italien tun.

Eine anarchistische Initiative aus Jena

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JVA Untermaßfeld behindert Gefangenen-Gewerkschaft

Mehrere Schreiben an Neumitglieder der GG/BO in der thüringischen JVA Untermaßfeld wurden nach Angaben inhaftierter Mitglieder zurückgehalten. Der Vollzugsabteilungsleiter habe einem Gefangenen mitgeteilt, dass er die Post mit Gewerkschaftsmaterialien wie der Zeitschrift outbreak, aktuellen Veröffentlichungen von ggbo.de und Mitgliedsanträgen nicht aushändigen werde, da es sich um nicht-genehmigte Beilagen handele. Weiterhin habe er den Gefangenen gefragt, warum er denn Mitglied der GG/BO werden wolle, wo er doch sehe, wie viele Probleme ein anderer engagierter Mitgefangener sich damit schon eingehandelt habe.

Als Solidaritätsgruppe Jena verurteilen wir die praktische Behinderung der gewerkschaftlichen Tätigkeit und insbesondere die subtilen Drohungen gegenüber Gefangenen. Damit verweigert der Justizvollzug den Gefangenen nichts weniger als das verfassungsmäßige Grundrecht auf Koalitionsfreiheit.

Wir rufen dazu auf, den Gefangenen in der JVA Untermaßfeld gerade jetzt Postkarten und Briefe zu schicken – gerne mit kopierten Artikeln und Neuigkeiten aus der Außenwelt:

Steffen Böhm
c/o JVA Untermaßfeld
Karl-Marx-Str. 8
98617 Untermaßfeld

Wir fordern die Anstalt weiterhin auf, diese Maßnahmen zu unterlassen, und werden zeitnah den direkten Kontakt aufnehmen.

Jena, 10. Mai 2019

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Zwei weitere Zellenrazzien gegen Gefangenen-Gewerkschafterin Sandra

Nach einer Razzia letzte Woche, am 4. April, haben diese Woche zwei weitere Durchsuchungen der Zelle der GG/BO-lerin Sandra in der JVA Chemnitz stattgefunden – am 9. und am 11. April. Während am 9. April wohl explizit nach GG/BO-Materialien gesucht wurde, wurden heute, am 11. April, sogar Medikamente beschlagnahmt.

Wir rufen umso deutlicher zur Unterstützung von Sandra und der Gefangenen-Gewerkschaft in der JVA Chemnitz auf. Kontaktiert uns, damit wir Briefe, Solidaritätsgrüße und Briefmarken an Sandra weiterleiten können.

Jena, 11. April 2019

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JVA Chemnitz durchsucht Zelle und beschlagnahmt Materialien der Gefangenen-Gewerkschafterin Sandra W.

Sandra W. aus der JVA Chemnitz kämpft seit längerer Zeit mit der Gefangenen-Gewerkschaft dafür, dass ihre psychologisch bestätigte Haftunfähigkeit endlich gerichtlich anerkannt wird. Sie hat dazu auch Verfassungsbeschwerde eingereicht und könnte damit ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zugunsten psychisch kranker Gefangener allgemein herbeiführen. Als sie heute nach der Arbeit in ihre Zelle zurückkehrte, musste sie feststellen, dass die Zelle durchsucht worden war und dass dabei alle ihre Materialien beschlagnahmt wurden, auch ihre gefangenen-gewerkschaftlichen Unterlagen.

Der Hintergrund der Razzia ist unklar. Vermutlich hängt sie mit dem zunehmenden politischen Druck auf die Anstalt zusammen. Erst gestern hatte die SPD-Fraktion des sächsischen Landtags Sandra W. um Erlaubnis gebeten, Auskunft über sie einzuholen, da sie mehrere Anfragen bzgl. ihres Kampfes erhalten hatte.

Die heutige Aktion setzt eine ganze Reihe von Razzien gegen die engagierte Gefangene fort. Anfang September 2018 wurde ihre Zelle zum ersten Mal durchsucht und sie selbst in den besonders gesicherten Haftraum bzw. Bunker gesteckt. Drei weitere Razzien fanden am 24. Oktober, 15. November und 28. November 2018 statt.

Als Solidaritätsgruppe Jena der Gefangenen-Gewerkschaft verurteilen wir die repressiven Maßnahmen der Anstalt gegen Sandra W. und rufen dazu auf, ihr gerade jetzt Solidarität zukommen zu lassen. Wer ihr schreiben möchte, kann sich gerne unter ggbo-soli-jena@riseup.net bei uns melden.

Jena, 4. April 2019

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Wahrscheinlicher Schlaganfall in JVA Untermaßfeld bleibt unbehandelt. Mitgefangene pro­testieren.

Nach Angaben von Mitgliedern der Gefangenen-Gewerkschaft in der JVA Untermaßfeld erlitt ein Mitgefangener mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Schlaganfall und wurde bis heute nicht richtig behandelt. Die Gefangenen-Gewerkschaft protestiert und zieht externe Stellen hinzu.

Der Gefangene habe bereits eine Vorgeschichte von acht Schlaganfällen in Freiheit. Eigentlich hatte ihm ein Arzt gesagt, dass er mindestens halbjährlich zum Neurologen müsse. In anderthalb Jahren Haftzeit sei er aber lediglich einmal zum Neurologen ausgeführt worden. Vor mehreren Tagen nun sei er auf Arbeit schlapp geworden und habe vom Medizinischen Dienst Medikamente erhalten. Beim Duschen sei er dann zusammengebrochen. Im Anschluss hing ein Mundwinkel und er könne sein Bein nicht mehr richtig bewegen und seinen linken Arm nicht mehr richtig belasten.

Die einzige Maßnahme der Anstalt bestand darin, den Notarzt zu rufen, der kurz den Blutdruck gemessen und ein EKG gemacht habe. Seitdem sei der Gefangene in einer kamerüberwachten Zelle untergebracht und der Anstaltsarzt messe den Blutdruck. Der Gefangene müsse inzwischen wieder arbeiten gehen.

Die Mitgefangenen sind fassungslos darüber, dass ein wahrscheinlicher Schlaganfall einfach unbehandelt bleibt. „Wir schalten die Ärztekammer ein und haben uns auch schon an den Landtag gewandt. Es kann nicht sein, dass nach einem Schlaganfall nichts passiert. Die spielen mit unseren Leben,“ so Steffen Böhm, Gefangenen-Gewerkschafter in der JVA Untermaßfeld.

Als Solidaritätsgruppe Jena rufen wir zur Unterstützung der Gefangenen in der JVA Untermaßfeld auf. Solidarische Menschen können sich gerne direkt an Steffen Böhm aus der JVA Untermaßfeld wenden:

Steffen Böhm
c/o JVA Untermaßfeld
Karl-Marx-Str. 8
98617 Untermaßfeld

Jena, 11. März 2019

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Willkürliche Strafmaßnehmen gegen angebliche „Stimmungsmacherin“ in JVA Chemnitz

Uns, der Soligruppe Jena der Gefangenen-Gewerkschaft, wurde ein Bericht aus der JVA Chemnitz zugeschickt. Darin schilderte die Gefangene Antje Kullmann, wie ihr auf zweifelhafte Art und Weise ein positiver Drogentest untergeschoben wurde, um anschließend Sicherungsmaßnahmen anzuordnen und sie strafzuverlegen. Wir veröffentlichen an dieser Stelle den Bericht:

Am 23.1.2019 16:15 Uhr Wischtest+Urinkontrolle mit Fr. H. und Fr. R. Angeblich beides positiv auf Amphetamin und Metamphetamin. Keine der Teststreifen wurden mir gezeigt. Habe sofort auf eine 2. Urinkontrolle bestanden, da es nicht sein konnte!!! Die Anwort von Frau H. war allerdings: „Dafür haben wir jetzt keine Zeit – da müssen Sie einen Antrag stellen.“ Auch mein Wunsch auf eine Laboranalyse auf eigene Kosten konnte man mir nicht gewähren, da mein Urin weggeschüttet wurde, von den Beamten! Ich sollte dann das „positive Protokoll“ unterschreiben, was ich abgelehnt habe.

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  • Als Solidaritätsgruppe der Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organiation (GG/BO) in Jena unterstützen wir inhaftierte Arbeiter:innen und Gewerkschafter:innen und staatlich Verfolgte in verschiedenen Haftanstalten, vor allem in Thüringen und Sachsen. Andere Soli-Gruppen gibt es in Leipzig und Köln.