Die Gefangenen-Gewerkschaft in Bayern aufbauen!

Bericht von der Veranstaltung vom 7. April 2018 zur Gefangenen-Gewerkschaft in Nürnberg

Am 7. April 2018 konnten wir als Solidaritätsgruppe Jena der Gefangenen-Gewerkschaft an einer sehr gut besuchten und sehr interessanten Veranstaltung in Nürnberg teilnehmen. Sie wurde von mehreren Gruppen aus Nürnberg organisiert – der Roten Hilfe, der anarchistischen Gruppe Auf der Suche (ADS), der Organisierten Autonomie und der Initiative solidarische Arbeiter_innen (ISA) – und fand im Rahmen der monatlichen ISA-Kneipe in der Schwarzen Katze statt.

Die Schwarze Katze ist der offene Stadtteilladen in Gostenhof, dem Nürnberger Viertel, in dem linke Aktivist_innen in den letzten 30 Jahren eine kontinuierliche Stadtteil- und Basisarbeit geleistet und damit ein vergleichsweise solidarisches und widerständiges Klima geschaffen haben. Gostenhof ist damit sowohl ein Stützpunkt für linke Bewegung als auch ein Viertel geworden, in dem viele Menschen sich nicht mehr alles bieten lassen.

Noch vor der Veranstaltung, am Vormittag, hatte eine von der Linkspartei organisierte Demonstration gegen das Bayrische Polizeiaufgabengesetz (PAG) stattgefunden. Trotz der kurzfristigen Mobilisierung von nur zwei Tagen kamen 1500 Leute zur Demo! Das vorgeschlagene Polizeiaufgabengesetz wird den autoritären Staatsumbau in Bayern beschleunigen und der Polizei eine Willkürmacht geben, wie sie sie seit dem Nationalsozialismus nicht mehr hatte. Nicht umsonst sind viele Menschen darüber sehr wütend. Auf der Demo hatte die Initiative zur Gründung von GG/BO-Solidaritätsstrukturen in Bayern die Möglichkeit, sich vorzustellen und zur Veranstaltung einzuladen.

Zur Abendveranstaltung kamen dann über 60 Leute. Als Solidaritätsgruppe Jena der Gefangenen-Gewerkschaft haben wir die soziale Lage der Gefangenen thematisiert, die GG/BO und unsere Soligruppe vorgestellt und zur Solidarität mit den Kämpfen der Gefangenen-Gewerkschafter der JVA Neumünster und des sächischen GG/BO-lers David Scholz aufgerufen. Nach uns hat der ex-Gefangene und GG/BO-Aktivist Thomas Brockmann über die Lage in Bayern gesprochen und dazu ermutigt, GG/BO-Soligruppen in Bayern zu gründen. Anschließend hat der ex-Gefangene und GG/BO-ler Georg Huß über seine Haftzeit und seine drei jeweils mehrmonatigen Hungerstreiks in den österreichischen Knästen Eisenstadt, Graz-Karlau und dem französischen Gefängnis in Mulhouse gesprochen. Zuletzt kam die frisch entlassene politische Gefangene Banu Büyükavcı zu Wort, die glücklicherweise für die Veranstaltung gewonnen werden konnte. Sie war 2015 mit weiteren neun Genossen der türkischen Linken auf Grundlage von Ermittlungen gegen die TKP/ML als ausländische kriminelle Organisation nach §129b inhaftiert und Anfang diesen Jahres nach knapp drei Jahren entlassen worden. Fünf Angeklagte befinden sich immer noch in U-haft. Sie sprach über die Folter der Isolationshaft, wie wichtig Solidaritätsbekundungen und Briefe von draußen waren, aber auch über die Solidarität unter den Gefangenen selbst – insgesamt ein sehr bewegender Beitrag.

Hintergrund der Veranstaltung ist die Zunahme staatlicher Unterdrückung, die sich in Nürnberg und Bayern deutlich ankündigt: in Form der bisherigen Gesetzesverschärfungen, in Form des Gesetzesprojekts für ein neues Polizeiaufgabengesetz, aber auch ganz konkret in Form der staatlichen Verfolgung der Menschen, die am 31. Mai 2017 die Abschiebung eines Berufsschülers aus Nürnberg nach Afghanistan verhindert haben. Angesichts dessen, dass in so einem Staat in Zukunft mehr Menschen damit rechnen müssen, verfolgt und inhaftiert zu werden, war die Veranstaltung eine Art Vorbereitung. Als GG/BO-Soligruppe begrüßen wir diesen überlegten und vorausschauenden Umgang mit Gefängnisstrafen sehr und werden zukünftig alle Bestrebungen unterstützen, in Bayern Solidaritätsstrukturen aufzubauen und alle Gefangenen – politische wie soziale – in ihren Protesten zu begleiten.

GG/BO-Soligruppe Jena

10. April 2018

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  • Als Solidaritätsgruppe der Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organiation (GG/BO) in Jena unterstützen wir inhaftierte Arbeiter:innen und Gewerkschafter:innen und staatlich Verfolgte in verschiedenen Haftanstalten, vor allem in Thüringen und Sachsen. Andere Soli-Gruppen gibt es in Leipzig und Köln.