Erste-Mai-Kundgebung vor der JVA Untermaßfeld macht Mut

Am 1. Mai 2020 hat vor der JVA Untermaßfeld bei Meiningen eine Kundgebung in Solidarität mit den dort inhaftierten Arbeitern und GG/BO-Mitgliedern stattgefunden.

Der Anlass war, wie schon im Aufruf ausgeführt, ein doppelter: „Mit der Kundgebung wollen wir auf zwei Dinge aufmerksam machen. Erstens wollen wir zum Tag der Arbeiterklasse auf die Lage der Gefangenen hinweisen, die zu Hungerlöhnen, größtenteils unversichert und ohne gewerkschaftliche Rechte arbeiten müssen. Wir unterstützen weiterhin die Forderungen der Gefangenen-Gewerkschaft GG/BO nach Mindestlohn, vollen Einbezug in die Sozialversicherung und Gewerkschaftsfreiheit für Gefangenen! Zweitens wollen wir während der Corona-Krise auf das hohe Risiko hinweisen, dem Gefangene ausgesetzt sind. Sie stecken in einem Infektionsherd, sind oft gesundheitlich angeschlagen und erhalten keine ausreichende medizinische Versorgung. Wir unterstützen ihre Forderungen nach Transparenz, Entlassung und einer Rücknahme des Besuchsverbots.“

An dem Tag haben sich trotz eines kurzen Regenfalls und unter Einhaltung der Infektionsschutzbestimmungen 14 Menschen aus Jena und aus Südthüringen zum Protest zusammengefunden. Sie hielten zwei Transparente hoch: „Wir fordern Amnestie“ und „Die Gefangenen fordern: Besuchsrechte, Gesundheitsschutz, Freilassung“. Während der Kundgebung wurde auf die Situation in der JVA Untermaßfeld eingegangen und es wurde klar gemacht, dass die Gefangenen, ihre Angehörigen und Unterstützer*innen weiterhin hinter den Forderungen stehen, die sie dem Thüringer Justizministerium in einem offenen Brief mitgeteilt hatten.

Es gab aber auch andere Beiträge, so zu den zahlreichen Todesfällen in Haft, die es seit der Wende gegeben hat, mit Verweis auf die Aufklärungsinitiative „Death in Custody“ und die Recherche zum Todesfall eines Gefangenen in der JVA Tonna 2010. Die Basisgewerkschaft FAU Jena wies in einem Grußwort auf den historischen Hintergrund des Ersten Mai, die Opfer der Arbeiterbewegung im Kampf um die heutigen Rechte, hin, aber auch darauf, dass auch heute noch Gewerkschafter*innen schikaniert und sogar ermordet werden und dass der Kampf um die eigenen Rechte und Interessen auch heute anhält. Die Piraten Meiningen lasen einen Protestbrief vor, den die Frau eines Inhaftierten ihnen und wohl auch anderen Parteien zugeschickt hatte.

Es gab im Anschluss an die Kundgebung einen Artikel auf der Südthüringer Plattform inSüdthüringen.de und das MDR Thüringen Journal berichtete noch am selben Abend davon. Weiterhin sind in den nächsten Tagen Recherchen, Bilder und ein Video-Interview auf dem unabhängigen linken Jeaner Medienportal Libertad Media zu erwarten.

Zu der Kundgebung kam ein Freund eines Gefangenen mit einer Jacke der Nazi-Marke „Thor Steinar“. Wir haben ihm sofort klar gemacht, dass er die Jacke umdrehen oder gehen soll. Die GG/BO und ihre Soligruppen unterstützen viele Gefangene mit verschiedenen Hintergründen und Ansichten, aber Nazis und ihrer menschenverachtende Propaganda stehen dem Grundgedanken der Gefangenen-Gewerkschaft, alle Gefangenen zu einen, entgegen. Dementsprechend war weder auf der Kundgebung Platz für solche Ideen, noch ist sonst in der GG/BO Platz dafür.

Nach anderthalb Stunden wurde die Kundgebung beendet. Es war sehr schön und ermutigend, dass es doch einige Leute nach Untermaßfeld geschafft haben und dass wir den Gefangenen so direkt zeigen konnten, dass wir sie unterstützen. Schön war auch, dass die Lokal- und Regionalpresse den Protest aufgegriffen haben und dass in Bewegungsmedien noch weitere Materialien erscheinen werden.

Der doppelte Anlass – der Kampf der Gefangenen um Arbeiterrechte und um ihre Rechte in der Coronakrise – bleibt bestehen und wir werden uns also auch weiterhin von draußen für sie einsetzen.

Jena, 5. Mai 2020

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  • Als Solidaritätsgruppe der Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organiation (GG/BO) in Jena unterstützen wir inhaftierte Arbeiter:innen und Gewerkschafter:innen und staatlich Verfolgte in verschiedenen Haftanstalten, vor allem in Thüringen und Sachsen. Andere Soli-Gruppen gibt es in Leipzig und Köln.