Gefangener beschwert sich über unzureichende Krätze-Behandlung in JVA Untermaßfeld

In einem Brief vom 13. Oktober 2019 beschwert sich ein Gefangener der JVA Untermaßfeld über die in seinen Augen unzureichenden Maßnahmen gegen Krätze-Befall unter Gefangenen: Betroffene Gefangene würden nicht isoliert, Zellen nicht desinfiziert und es würde zu lange dauern, einen spezialisierten Hautarzt-Termin zu bekommen. Wir geben den Brief im Folgenden weiter und verweisen an dieser Stelle kurz auf den Beitrag über Tuberkulose-Fälle in der JVA Chemnitz, der im aktuellen Gefangenen-Info erschienen ist. Beide Beiträge machen deutlich, dass das Zusammenpferchen von Menschen auf engem Raum und eine unzureichende medizinische Versorgung systematisch den Ausbruch von Infektionskrankheiten hervorrufen.

Jena, 28. November 2019

Ich bin seit nunmehr fast 2 Jahren hier in unseren hiesigen JVA Untermaßfeld, also da, wo das „untersde Maß fehlt“. Und nicht nur das fehlt, sondern es fehlen auch sämtliche Hygiene- und Handlungspläne. Zum Beispiel im Umgang mit ansteckenden Krankheiten oder Parasiten, so Krätze, auch med. Scabies – wie ich hier nun schon zum zweiten Mal am eigenen Leib zu spüren bekomme. Das ist schon ein guter Schnitt, in zwei Jaftjahren zwei Mal die Krätze zu bekommen, aber der „U-feld-Schnupfen“ lässt grüßen.

In den letzten 2 bis 3 Monaten muss es hier außer mir noch ein „paar“ andere Fälle von Krätze gegeben haben, was eigentlich ein Wunder ist, dass es nur „so wenig“ Fälle sind, da hier in der JVA das Thema wenig Beachtung von Seiten der Anstalt geschenkt wird.

Ich kenne aus dem „Lichtblick“ zum 50-jährigen Jubiläum „Verhaltensschemata“, wie das gehandhabt werden muss bei Fällen von ansteckenden Krankheiten, wie ja nun auch Krätze eine ist. Oder auch vom Hörensagen anderer Inhaftierter, wie mit sowas in den restlichen Thüringer JVA’s umgegangen wird. Und wenn ich das höre oder lese, wird mir als Betroffenem einfach nur kotzübel, wie man hier in der JVA abgefertigt wird.

Hier besteht die Behandlung und die Nachsorge-Phase lediglich aus einer Tube Creme, ein paar Tabletten gegen Krätze-Milben, ein Tausch von Matratze und Kopfteil und ein kompletter Klamottentausch. Das war’s.

[…]

Die befallenen Häftlinge , so auch ich, werden dann einfach wieder sich selbst überlassen und gehen mit ihrer Creme und neuer Matratze wieder auf ihren Haftraum – wie in meinem Fall – auch Mehrmannzellen. Keine Isolation von befallenen Häftlingen, keine Maßnahmen von Seiten der Anstalt zur Desinfektion von Hafträumen, keine Nachuntersuchung der Betroffenen von einem fachkundigen Arzt (Hautarzt), ob die Behandlung angeschlagen hat. Die Betroffenen wandern einfach mit ihrem Milbenbefall lustig über Gänge, durch Zellen, duch Arbeitsbereiche und durch „Hygiene“bereiche wie die Küche.

Doch das Schärfste kommt von Seiten des medizinischen Dienstes, also des Anstaltsarztes, der würde Krätze nicht mal erkennen, wenn er sie selber hätte. Bei meiner Krätze im letzten Jahr, also 2018, hat es drei Monate gedauert, bis endlich ein Hautarzt die Krätze bei mir diagnostiziert hat und Behandlungen eingeleitet wurden, sage und schreibe drei Monate hat der Anstaltsarzt die Krätze nicht erkannt. Und ich hatte es von Kopf bis Fuß. Und dass eine Behandlung nicht beim ersten Mal anschlägt unter den oben geschilderten Umständen, ist ja wohl klar. So musste ich 2018 vier Mal die Behandlung wiederholen. Und wurde einfach wieder in meinen Haftraum, zur damaligen Zeit noch Einzelzelle, gesteckt. Im „Lichtblick“ habe ich gelesen, dass in Berlin Haftärume von einer Fachfirma desinfiziert werden müssten, also ist das ja kein Wunder, wenn man die Milben nicht loskriegt.

Und was ist heute? Ich sitze schon wieder hier und habe höchstwahrscheinlich die Krätze – höchstwahrscheinlich deshalb, weil der Arzt wie schon oben geschildert gar nicht genau weiß, ob es Krätze ist oder was anderes. Also seit nun sieben Tagen habe ich am Rücken einen juckenden Ausschlag und einen großen, roten, permanent juckenden Fleck. Eine U-feld-Krätze-Behandlung habe ich schon bekommen, aber Besserung ist noch nicht in Sicht. Auch würde ich immer noch auf 3-Mann-Zelle liegen, wenn wir nicht auf Bedienstete zugegangen wären und um Einzelhaftraum für mich gebeten hätten.

Und morgen früh, 14.10.19, geht der Albtraum für micht weiter, dann gehe zum dritten Mal zum Arzt, zeige meine Wunden und bitte um einen Hautarzt-Termin, den ich dann, wenn ich Glück habe, in vier Wochen bekomme. Wie es mit der selbstauferlegten Isolation weitergeht, steht auch nicht fest, weil die Einzelzelle gebraucht wird und ich wieder auf 3-Mann-Zelle gehen soll. Natürlich mit meinem nässenden Auscshlag. Ich habe vom Jahr 2018 noch Narben auf meinem Rücken und auch dieses Mal werden wieder Narben bleiben.

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  • Als Solidaritätsgruppe der Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organiation (GG/BO) in Jena unterstützen wir inhaftierte Arbeiter:innen und Gewerkschafter:innen und staatlich Verfolgte in verschiedenen Haftanstalten, vor allem in Thüringen und Sachsen. Andere Soli-Gruppen gibt es in Leipzig und Köln.