Bericht von der zweiten Frauenkampftags-Demonstration in Solidarität mit den Gefangenen-Gewerkschafterinnen in der JVA Chemnitz

Anlässlich des Frauenkampftags, dem 8. März, sind am Sonntag, dem 11. März 2018, um die 250 Leute aus verschiedenen Städten und von verschiedenen Gruppen und Organisationen dem Aufruf der Solidaritätsgruppen der Gefangenen-Gewerkschaft gefolgt und zur Frauen-JVA Chemnitz gezogen. Die Demonstration war ein starkes Zeichen der Solidarität zwischen drinnen und draußen, zwischen Basisgewerkschaften, anarchistischen Gruppen und feministischer Bewegung, welches auch der spätere Angriff der Polizei nicht schmälern konnte.

Erfolgreiche gemeinsame Demonstration

Schon zum 8. März 2017 gab es eine ähnliche Demonstration zur Unterstützung der GG/BO in der JVA Chemnitz. Im diesjährigen Aufruf der GG/BO-Solidaritätsgruppen aus Jena, Leipzig und Berlin wurde vor allem auf die Proteste der Gefangenen in der JVA Chemnitz dagegen aufmerksam gemacht, dass sie die Folgen von Überbelegung und Personalmangel ausbaden müssen. Die Demonstration wurde neben der Basisgewerkschaft FAU von zahlreichen feministischen und anarchistischen Initiativen aus Thüringen und Sachsen unterstützt.

Am Tag selbst versammelten sich ca. 250 Leute. Sie zogen mit zahlreichen Transparenten und Fahnen vom Campus der TU Chemnitz über die Reichenhainer Straße in Richtung JVA. Es gab eine lange Zwischenkundgebung auf dem Parkplatz gegenüber der JVA auf der anderen Seite der Schnellstraße und zweite Kundgebung unmittelbar vor dem ehemaligen Besuchereingang der JVA in der Reichenhainer Straße 236. Über Botschaften auf Transparenten und Plakaten, in Sprechchören und in Redebeiträgen protestierten die Demonstrant_innen gegen die Unterdrückung und Ausbeutung von Frauen und queeren Menschen, gegen die Isolation und Ausbeutung in Knästen, gegen Polizeigewalt und Faschismus sowie für die Arbeiterselbstorganisation in Basisgewerkschaften.

Zahlreiche Frauen standen in den Fenstern ihrer Zellen, winkten und jubelten der Demo zu, tanzten zur Musik und klatschten zu gefängniskritischen Redebeiträgen. In einigen Redebeiträgen, u.a. von Lisa aus der JVA Köln und von der GG/BO-Soligruppe Jena, wurde den inhaftierten Frauen Mut und Kraft für ihre weiteren Proteste gewünscht.

Spendensammlung nach Angriff der Polizei

Nach Abschluss der Demonstration machten sich über 40 Personen auf dem Weg ins Stadtzentrum zum Bahnhof bzw. zu einer Demonstration gegen den Angriffskrieg der Türkei auf Afrin. Unterwegs machten die Leute Stop, um der schikanösen polizeilichen Durchsuchung eines PKW beizuwohnen. Die Anzeige einer Spontanversammlung wurde an dieser Stelle von der Polizei verweigert. Dass die Leute sich nicht vertreiben ließen, nahm die Polizei außerdem zum Anlass, sie zum ersten Mal anzugreifen und auf sie einzuschlagen. Nach Beendigung der Kontrolle ging die Gruppe weiter. Unmittelbar darauf allerdings griffen die Polizist_innen einen schwer Sehbehinderten an, prügelten auf ihn ein und zerbrachen seinen Blindenstock. Da mehrere Leute dagegen protestierten, wurden sie von der Polizei eingekesselt, anderthalb Stunden festgehalten und allesamt erkennungsdienstlich behandelt. Mehrere Personen wurden von den Angriffen der Polizei verletzt. Drei Personen, unter anderem der von der Polizei verprügelte Blinde, wurden aufs Revier mitgenommen. Wegen angeblichen Landfriedensbruchs wurden nun Ermittlungen gegen 41 Personen eingeleitet.

Am Ende des Tages übernahm die Presse, darunter freiepresse.de, blick.de, tag24.de und focus.de, die Darstellung der Polizei – in Teilen wortwörtlich. Sie unternahm keine Bemühungen, eine Gegendarstellung einzuholen, und hat damit gegen grundlegende journalistische Standards verstoßen. Insgesamt haben Polizei und Presse so eine erfolgreiche Demonstration öffentlich diskreditiert und eine ganze Bewegung in den Dreck gezogen. Die FAU Dresden veröffentlichte eine Gegendarstellung, der Bundesvorstand der Roten Hilfe und die sächsische Linken-Landtagsabgeordnete Juliane Nagel protestierten gegen die Gewalt.

Um die Betroffenen der Polizeigewalt und Anzeigen zu unterstützen, sammeln wir als Solidaritätsgruppen der Gefangenen-Gewerkschaft ab sofort Gelder. Spenden können gerne an folgendes Konto überwiesen werden:

IBAN: DE58 8306 5408 0004 9960 54
BIC: GENO DEF1 SLR
Betreff: GG/BO Chemnitz

Sollten sich die Gerichtskosten in Grenzen halten, werden wir die Gelder für die Demo nächstes Jahr verwenden.

GG/BO-Solidaritätsgruppen Jena, Leipzig und Berlin, 14. März 2018

This entry was posted in General. Bookmark the permalink. Both comments and trackbacks are currently closed.
  • Als Solidaritätsgruppe der Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organiation (GG/BO) in Jena unterstützen wir inhaftierte Arbeiter:innen und Gewerkschafter:innen und staatlich Verfolgte in verschiedenen Haftanstalten, vor allem in Thüringen und Sachsen. Andere Soli-Gruppen gibt es in Leipzig und Köln.