Neben dem Großanbieter Telio ist es vor allem die GERDES AG aus Meckenheim bei Bonn, die ihr Geld – nach eigenen Angaben seit 2009 – mit der Gefängnistelefonie verdient. Dazu wurde die GERDES Communications GmbH gegründet, „ein 100%iges Tochterunternehmen der seit 25 Jahren fest im internationalen Telekommmunikationsmarkt etablierten Gerdes AG“ Außerdem hat GERDES die Dachmarke PriSec, kurz für „Prison Security“, geschaffen.
GERDES betreibt Gefängnistelefone und andere Techniken in einigen deutschen JVAs, unter anderem in der thüringischen JVA Untermaßfeld, aber auch – wie im Folgenden zu sehen sein wird – international. Wir haben es damit mit einem größeren Player in der internationalen Gefängnisindustrie zu tun.
GERDES beschränkt sich dabei bei weitem nicht auf die Installation von Telefonen, sondern entwickelt und vermarktet repressive Überwachungs- und Ortungssysteme. 2013 brachte GERDES seine „MobileWall“ auf den Markt, ein Ortungssystem zum Aufspüren von Handys und Smartphones in Gefängnissen. Carsten Gerdes, CEO der GERDES Aktiengesellschaft, erklärte dazu unverblümt: „Wir leisten so einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit und Ordnung in der Haftanstalt.“
Gleichzeitig wurde die Ortungstechnik von TalkTelio, dem Vertriebspartner von GERDES in den USA, im Knast von New Orleans eingebaut. So leistet GERDES seinen Anteil daran, die Knastsklaverei von Hunderttausenden von Inhaftierten in den USA technisch abzusichern. GERDES ist sich 2012 nicht einmal zu fein, anlässlich seiner Expansion in den Nahen Osten zu erklären, dass seine Knasttechnologien „bald auch im politisch instabilen Nahen Osten für modernere und humanere Haftbedingungen sorgen“ werden.
GERDES ist daran interessiert, seine Überwachungstechnologien aus dem Gefängnis auch außerhalb der Knäste auszuweiten und damit noch mehr Profite aus der ausgebauten Überwachungsgesellschaft zu generieren. In einem Artikel von 2015 wird die Einführung von „technische[n] Maßnahmen in Form von Detektions- und Unterdrückungssystemen“ als Lösung für das Schummeln mittels Handys bei Prüfungen in Schulen und Universitäten angepriesen. Schon 2013 habe das Konrad-Adenauer-Gymnasium in Meckenheim die Ortungstechnik während Prüfungen im Toilettenbereich eingesetzt.
Außerdem erschließt sich GERDES auch den Rüstungsmarkt. Seine ISDN-Karten eigneten sich nach eigenen Angaben „hervorragend für den Einsatz in anspruchsvollen militärischen und industriellen Anwendungen.“
GERDES ist ein Knastprofiteur, der eigenständig Unterdrückungstechnologien entwickelt und vermarktet und diese auch außerhalb der Knäste, ja sogar in Schulen, im Einsatz sehen will. GERDES ist damit ein „Feind der Freiheit“ und ein potenzieller Nutznießer der laufenden autoritären Umgestaltung des Staats und unserer Gesellschaft.
Jena, Juni 2019