„Es gibt nur eines was größer ist als die Liebe zur Freiheit, nämlich der Hass auf den, der sie uns verwehrt!“ (Aus dem Grußwort von Maik Büchner, GG/BO-Sprecher JVA Tonna)
Am 31. Dezember 2016 haben wir als Thüringer Gefangenengewerkschaft vor der JVA Tonna bei Gotha die erste Silvester-Knast-Kundgebung Thüringens organisiert. Ab 23:00 Uhr kamen um die 25 bis 30 Leute zusammen, was wir angesichts der Umstände (tiefste Provinz, das Datum, das Thema) als großen Erfolg werten. Wie angekündigt gab es Häppchen, Sekt und viel Feuerwerk. Nichtsdestotrotz war es nicht, wie von der Thüringer Allgemeine behauptet, einfach eine „Silvester-Knast-Party“, sondern es handelte sich um eine politische Aktion. Wir verlasen zwei Grußworte, eines vom FREE MUMIA Netzwerk und das andere von unserem GG/BO-Sprecher aus der JVA Tonna Maik Büchner, sowie zwei Redebeiträge zum Thema Gefängniskritik und Knastindustrie. Die beiden Grußworte gibt es weiter unten nachzulesen, der eine Redebeitrag findet sich hier.
Während uns letzten Endes Alkohol, Schlauchschals und Feuerwerk als Kundgebungsmittel genehmigt wurden und die Polizei vor Ort relativ entspannt war, wurden im Vorfeld dennoch drinnen und draußen Druck auf die GG/BO ausgeübt. Im Kooperationsgespräch mit dem Landratsamt Gotha war ein Staatsschützer von der Kriminalpolizei anwesend und unser Sprecher in der JVA Tonna, Maik Büchner, wurde von der Anstaltsleitung angehalten, dafür zu sorgen, dass kein Feuerwerk über die JVA-Mauern fliege. Das sind nur einige weitere Maßnahmen in der dauerhaften Verfolgung unserer Gewerkschaft durch den Staat in Thüringen.
Auch in anderen Städten gab es zu Silvester gefangenensolidarische Kundgebungen: Flensburg, Freiburg, Wuppertal-Ronsdorf, Hamburg-Holstenglacis, Köln-Ossendorf, Stuttgart-Stammheim, Berlin und Dresden. Die Kundgebungen und Demos waren oft unangemeldet und wurden von anarchistischen bis autoritär-kommunistischen Gruppen organisiert. Unsere war die erste von der GG/BO organisierte Silvester-Knastkundgebung seit ihrer Gründung.
In den Redebeiträgen und Berichten wurde öfters die GG/BO erwähnt. Darüber freuen wir uns natürlich! Dennoch finden wir es schade, dass sich die Unterstützung der GG/BO auf die Erwähnung zu Silvester einmal im Jahr beschränkt. In der ganzen Bundesrepublik gibt es widerständige Gefangene, die der GG/BO beitreten, die Gegenwehr und Proteste organisieren. Erst Ende Dezember haben 6 Häftlinge im Maßregelvollzug in Bernburg (Sachsen-Anhalt) einen erfolgreichen Hungerstreik durchgezogen und sich der GG/BO angeschlossen. Hier braucht es Leute draußen, die Soligruppen aufbauen und die Häftlinge und ihre GG/BO-Sektionen in ihrer Region unterstützen. Wer daran Interesse hat, kann gerne mit uns in Kontakt kommen: Wir vermitteln unsere Erfahrung aus über einem Jahr Soliarbeit und Kontakte in die nächstgelegenen JVAs.
[Grußwort 1] Wir formieren uns!
Ein Neujahrsgruß an alle Kollegen und Kolleginnen der GG/BO, vor allem aber an alle Gefangenen der Justiz vom GG/BO-Sprecher der JVA Tonna Maik Büchner
Lasst und auch im näcshten Jahr zsuammenstehen und gemeinsam gegen die Missstände, Ausbeutung und Unterdrückung in den vom Staat geführten menschenfeindlichen, bisher erfolgreich getarnt als „Besserungsanstalten“ kämpfen.
Wir müssen ihre Vorhänge niederreißen, damit für jeden die Ausbeutung von Menschen, innerhalb dieser falschen Freiheit, welche unser Land bietet, sichtbar wird.
Immer noch werden Menschen versklavt, nur nennt an es bei uns gefangenen Arbeitern und Arbeiterinnen Resozialisierung oder Arbeitstherapie. Ich nenne es unter diesen Umständen Zwangsarbeit!
Ich möchte als Sprecher der GG/BO in Tonna Allen danken, die uns dabei unterstützt haben und ihre Zeit opferten. Wir tragen dazu bei, dass Eure Zeit nicht umsonst sein wird.
Die besten solidarischen Grüße aus meiner Zelle sende ich an alle GG/BO-Mitglieder und Untersützer!
Es gibt nur eines was größer ist als die Liebe zur Freiheit, nämlich der Hass auf den, der sie uns verwehrt!
Faust nach oben!
Kommt alle gesund und voller Energie ins neue Jahr 2017!
Mit besten Grüßen, Euer Maik Büchner, Sprecher der GG/BO Tonna.
[Grußwort 2] Grußbotschaft von FREE MUMIA Berlin
Wir grüßen alle, die Silvester in Solidarität mit Gefangenen vor die Knäste gehen! Und wir grüßen alle Gefangenen, die sich diesem Wahnsinn täglich neu stellen müssen! Regierungen maßen sich an, Menschen einen Teil ihres Lebens zu rauben, um ihnen und allen klarzumachen, dass der Schutz des Eigentums das höchste Maß aller Dinge in dieser Gesellschaft darstellt.
Um uns immer wieder dem Zwang zur Arbeit zu unterwerfen und die Zerstörung und Ausplünderung von Planet und Gesellschaft durchzusetzen, stellt der Knast derzeit das letzte Glied in einer langen Liste an Repressalien dar. Doch auch dieser Ort ist kein Platz ohne Hoffnung. Vielfältige Formen des Widerstands sind selbst unter Isolation möglich, wie uns Gefangenenkämpfe hier und überall in der Welt zeigen.
Einer, der uns besonders nahesteht – Mumia Abu-Jamal – kämpft weiterhin mit 6.000 anderen Gefangenen im US Bundesstaat Pennsylvania für das Recht auf gesundheitliche Versorgung gegen Hepatitis-C, an der in US Knästen bereits über 400.000 Gefangene erkrankt sind. Die US-Gefangenen haben begonnen, sich zu wehren. Im vergangenen Herbst veranstalteten Zehntausende von ihnen landesweit Streiks und Aktionen in 22 Bundesstaaten und 44 Knästen.
Und dabei geht es nicht nur um die Gefängnisindustrie als moderne Sklaverei – es geht auch um immer mehr Menschen, die, nach dem Willen der Justiz, einfach nie mehr freigelassen werden sollen. Allen voran steht der schwer erkrankte Leonard Peltier, der nach fast 41 Jahren Knast für die Teilnahme an Kämpfen des American Indian Movement endlich freigelassen werden muss. Aber auch die MOVE 9, Herman Bell und Jalil Abdul Muntaquim stehen für lange zurückliegende Kämpfe der Black Panther Party und anderer linksradikaler Gruppen für die auch heute, nach über 30, oder gar 40 Jahren die Gefangenschaft die einzige Antwort blieb.
Auch in unserem Land werden die Stimmen gegen das System Knast lauter. Bundesweit kämpft die neue Gefangenen-Gewerkschaft den Kampf um soziale Mindeststandards, denn die industrielle Ausbeutung von Gefangenen ist auch in diesem Land angekommen.
In Berlin wehrt sich die Gefangene Gülaferit Ünsal (türkische § 129b-Gefangene) gegen rassistische Schikanen in der JVA Lichtenberg, kämpft Thunfisch (eingeknastet wegen der Ereignisse um die Rigaer-Soli) um ihre Freiheit, und in Freiburg wehrt sich Thomas Meyer Falk gegen die Haft ohne Urteil und festgesetzte Zeit, die Sicherheitsverwahrung.
All diese Kämpfe leben davon, dass wir sie draußen aufgreifen, unterstützen und verstärken, dass wir den Gefangenen zuverlässige Gefährt*innen werden. Es ist klar, dass der Weg zu einer befreiten Gesellschaft ohne Konkurrenz, Ausbeutung und Unterdrückung auch mitten durch die Gefängnisse gehen wird – für eine Gesellschaft, in der es diese nicht mehr gibt!
Deshalb sind wir heute hier und an vielen anderen Orten vor den Gefängnissen.
Drinnen und Draußen – FREE THEM ALL!
Bundesweites FREE MUMIA Netzwerk, Dezember 2016
www.freiheit-fuer-mumia.de