Im September 2017 unterstützten wir einen Ex-Gefangenen bei seiner Forderung nach der Zahlung von ALG I. Obwohl er im Gefängnis über ein Jahr gearbeitet und damit die Bedingungen für den Bezug von ALG I erfüllt hatte, lehnte die Bundesagentur für Arbeit aufgrund einer Willkürregelung seinen ALG I-Antrag ab. Er war wie viele andere Ex-Gefangene von dieser diskriminierenden Regelung betroffen, die von 2012 bis 2016 Bestand hatte. Am 12. September 2017 bekam er vorm Bundessozialgericht (BSG) in Kassel Recht und die Bundesagentur für Arbeit musste den ALG I-Betrag nachzahlen.
Entsprechend können nun weitere Ex-Gefangene, denen von 2012 bis 2016 der ALG I-Anspruch verwehrt wurde, das Geld nachfordern. Wir geben im Folgenden die Empfehlungen des prozessvertretenden Anwalts Stefan Zinsser aus Erfurt wieder:
„Diejenigen, die noch nicht bestandskräftige Bescheide haben, sollten fristgerecht Widerspruch einlegen bzw. Klage erheben.
Die meisten Betroffenen dürften jedoch Bescheide haben, gegen die ein Widerspruch wegen Fristablaufs nicht mehr möglich ist. Denjenigen ist zu empfehlen, bei der Agentur für Arbeit eine Überprüfung ihres Bescheides zu beantragen. Das könnte mit folgender Formulierung geschehen:
„Hiermit beantrage ich im Hinblick auf das inzwischen ergangene Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.09.2017 (Aktenzeichen B 11 AL 18/16 R) die Überprüfung des Bescheides vom (Datum).“
Sollte die Agentur für Arbeit die Überprüfung ablehnen oder aufgrund einer Überprüfung zu einem für den Betroffenen nachteiligen Ergebnis gelangen, kann der Betroffene gegen den ablehnenden oder negativ ausfallenden Bescheid der Agentur für Arbeit innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen und im Falle des erfolglosen Widerspruchs klagen. Über den Weg des Überprüfungsantrags eröffnet sich damit doch noch der Weg in das Widerspruchsverfahren und gegebenenfalls Klageverfahren.
Die Betroffenen sollten den Überprüfungsantrag möglichst unverzüglich stellen, denn Arbeitslosengeld wird maximal für vier Jahre rückwirkend geleistet.“
Herr Zinsser hat sich darüber hinaus bereit erklärt, Betroffenen anwältlich Hilfe zu leisten und kann auch über die GG/BO-Soligruppe Jena kontaktiert werden.
GG/BO-Soligruppe Jena, Juni 2018