Am 24. September protestierten 40 Gefangene der Frauen-JVA Chemnitz mit einem anderthalbstündigen Sitzstreik im Gefängnishof gegen die Kürzung der Aufschlusszeiten. Wie die Ansprechpartnerin der Gefangenen-Gewerkschaft GG/BO in der JVA Chemnitz, Manuela Beck, berichtet, gehen sie nun mit Anträgen und Anschreiben gegen die von der Anstaltsleitung verhängten Strafen vor.
Der Sitzstreik richtete sich gegen die radikale Kürzung des Aufschlusses und den Ausfall von Freizeitaktivitäten aufgrund Personalmangels. Laut der GG/BO-Ansprechpartnerin in der JVA Chemnitz, Manuela Beck, hatte der Vollzugsleiter Daniel Krätzner im Gegenzug für die Beendigung des Sitzstreiks Veränderungen und Straffreiheit für die Sitzstreikerinnen versprochen. Dieses Versprechen wurde gebrochen.
„Laut Freier Presse und nach hiesiger Aussage von Hr. Krätzner wurden bei Beendigung des Sitzstreiks ja Änderungen im Tagesablauf und beim Sportplan zugesichert, doch beides wurde ja wiederrufen.
Auch was die zugesicherte Straffreiheit bezügich des Streiks anbelangt – alles leere Worte. Es fanden Anhörungen statt, Disziplinarmaßnahmen wurden eingeleitet und ausgesprochen, Ermittlungsverfahren angedroht wegen Meuterei. Aber Meuterei ist es nur, wenn etwas beschädigt wurde, was aber hier nicht der Fall war – daher unbegründet. Zwei Insassinnen wurden ohne Ankündigung strafverlegt. Die eine hatte erst Einschluss auf Bewährung bekommen, die andere 4 Wochen Einschluss, doch beides wurde grundsätzlich widerrufen. Es wurden Doppelbestrafungen verteilt, was auch nicht zulässig ist. Teilweise wurde gar nichts erteilt.“, so Manuela Beck in ihrem Brief an die Solidaritätsgruppe Jena der Gefangenen-Gewerkschaft vom 3. Oktober 2017.
Die Sitzstreikerinnen gehen nun gegen die Straßmaßnahmen vor. Manuela Beck schreibt: „Natürlich sind jetzt diesbezüglich viele 109er geschrieben worden, aber es gingen auch Schreiben an das Ministerium raus. […] Jedenfalls kann es so nicht bleiben. Warum sollen Gefangene nicht ihre Meinung äußern dürfen? Wie schon gesagt: Auch wie haben Rechte.“
Personalmangel ist ein strukturelles Problem nicht nur des sächsischen Strafvollzugs, sondern auch in Thüringen und anderen Bundesländern. Leidtragende sind letzten Endes immer die Gefangenen – in Form von gestrichenem Aufschluss, Ausfall von Freizeitmaßnahmen, weniger Ausführungsterminen, weiter eingeschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung. Das sächsische Justizministerium hat bereits erklärt, dass es nicht mehr Wärter einstellen werde. Das entspricht auch nicht unseren Vorstellungen als Gefangenen-Gewerkschaft. Um die Gefangenen vor den Folgen des Personalmangels zu schützen, sollten stattdessen mehr Häftlinge entlassen und die unterbesetzten Trakte geschlossen werden.
Jena, 7. Oktober 2017